Sonstiges

    Gebrauch der deutschen Sprache außerhalb der Region

    Wie bereits eingangs erwähnt, finden die Bestimmungen bezüglich des Sprachgebrauchs nicht nur in der Provinz Bozen Anwendung, sondern auch in Trient und zwar für jene Gerichtsämter, welche für Bozen Zuständigkeit besitzen. Der Gesetzgeber hat - vielleicht auch aus Vergesslichkeit - nicht berücksichtigt, dass sich das nächst gelegene Militärgericht in Verona befindet. Als noch die Wehrpflicht galt, musste sich dieses Gericht mit einer beträchtlichen Anzahl von Verfahren, aus der Provinz Bozen befassen.

    Wiederum war das Einschreiten des Verfassungsgerichtshofes erforderlich, welcher die Verfassungsmäßigkeit jener Bestimmung, die den Gebrauch der deutschen Sprache vor dem Militärgericht ausschloss, überprüfen musste. Der Gerichtshof klärte, dass die Bestimmungen bezüglich des Sprachgebrauchs, obgleich es sich hierbei um subjektive Rechte handle, nicht in direktem Zusammenhang mit dem Recht auf Verteidigung stehen, denn andernfalls müssten sie auf dem gesamten Staatsgebiet und auf alle sprachlichen Minderheiten Anwendung finden. Diese Bestimmungen würden besondere Begünstigungen vorsehen, welche aber nicht für jedes Verfahren unabdingbar seien und folglich könnten sie nicht außerhalb der vorgesehenen Fälle Anwendung finden.

    Weitere Rechte für jene, die nicht die italienische Sprache beherrschen

    Als sich der Verfassungsgerichtshof mit der im vorhergehenden Absatz angeführten Rechtsfrage befasse, hat er geklärt, dass die speziellen Bestimmungen, welche für Südtirol vorgesehen sind, auch für jene Personen Anwendung finden, die perfekt Italienisch sprechen. Ungeachtet dessen finden bei belegter Nichtkenntnis der italienischen Sprache die Bestimmungen der Strafprozessordnung Anwendung, besonders der Art. 143, wonach jene, die die italienische Sprache nicht beherrschen, Anrecht auf einen Dolmetscher, sowie auf Übersetzung der wichtigsten Akten haben.

    Dieser Artikel ist mit G.v.D. 32/2014 abgeändert worden, welches in Durchführung der EU Richtlinie 2010/64/EU über die Interpretation und Übersetzung bei Strafverfahren erlassen wurde.

    Weitere Rechte für deutschsprachige EU-Bürger

    Wegweisend war der Fall eines österreichischen Staatsbürgers, der wegen unberechtigten Waffenbesitzes verhaftet worden war und an den sich sowohl das Gericht als auch die Staatsanwaltschaft in einwandfreiem Deutsch gewandt hatten, bis sich herausstellte, dass er aus Österreich und nicht "Bürger der Provinz Bozen" war: Der Ausdruck dieses Unglückseligen als ihm mitgeteilt wurde, dass aufgrund seiner österreichischen Staatsbürgerschaft das Verfahren in italienischer Sprache abgehalten werden müsse, bleibt unvergesslich.

    Jahre später wurde diese Problematik von Richter Frötscher vor den europäischen Gerichtshof gebracht und dieser bestimmte, dass es in Südtirol gleichwertig sei, ob ein Verfahren in italienischer oder deutscher Sprache geführt werde und folglich jeder deutschsprachige EU-Bürger das Recht habe, die Anwendung der Bestimmungen bezüglich des Sprachgebrauchs zu seinen Gunsten zu fordern (Verfahren C-274/96).

    Auszug aus dem Strafregister

    Die Strafregisterauszüge können sowohl in italienischer als auch deutscher Sprache beantragt werden. Im übrigen Staatsgebiet müssen die Auszüge bei der Staatsanwaltschaft des Geburtsortes beantragt werden (für Ausländer in Rom). Wer jedoch in der Provinz Bozen ansässig ist, kann den Auszug auch bei der Staatsanwaltschaft von Bozen beantragen.

    Vertiefungen

    Diese Notizen haben verbreitenden Charakter. Für diejenigen, welche das Argument vertiefen möchten, wird auf die Publikation von Francesco Coran „Processo penale e Diritto alla Lingua in A.A. – Südtirol“ in AA.VV. „Processo penale, lingua e Unione Europea“ CEDAM 2013 verwiesen.“ (http://shop.wki.it/)


    Letzte Änderung

    15 November 2022, 13:34