Rechtsanwaltspraktikum

    Das Rechtsanwaltspraktikum ist eine der unabdingbaren Voraussetzungen für den Zugang zum Beruf des Rechtsanwaltes. Es wird im Wesentlichen durch das Gesetz Nr. 247 vom 31. Dezember 2012 (Artikel 40-45) und das Ministerialdekret Nr. 70 vom 17. März 2016 geregelt.

    Gemäß Artikel 41 des Gesetzes Nr. 247/2012 unter der Rubrik "Inhalt und Modalitäten des Rechtsanwaltspraktikums" und gemäß Artikel 3 des Ministerialdekrets Nr. 70/2016 besteht das Rechtsanwaltspraktikum aus einer achtzehnmonatigen theoretischen und praktischen Ausbildung des Praktikanten, die darauf abzielt, die für die Ausübung des Berufs und die Leitung einer Anwaltskanzlei erforderlichen Fähigkeiten zu erwerben sowie die ethischen Grundsätze und Standesregeln zu erlernen. Das Praktikum umfasst auch die obligatorische und erfolgreiche Teilnahme an berufsorientierten Fortbildungskursen, die von Anwaltskammern und Anwaltsvereinigungen veranstaltet werden, und zwar ebenfalls über einen Zeitraum von mindestens achtzehn Monaten.

    Pflichten des Praktikanten

    Der Praktikant muss die anwaltliche Tätigkeit beständig, sorgfältig, vertraulich und unter Einhaltung der deontologischen Regeln ausüben. Er ist verpflichtet, die gleichen Pflichten und Standesregeln zu beachten wie Rechtsanwälte und unterliegt der Disziplinargewalt des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer, der er angehört (Art. 42 L. 247/2012). Unter Beständigkeit versteht man die ständige Anwesenheit des Praktikanten in der Kanzlei des Rechtanwaltes, der sich bereit erklärt, ihn aufzunehmen. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn der Praktikant mindestens zwanzig Stunden pro Woche in der Kanzlei anwesend ist oder jedenfalls unter der unmittelbaren Aufsicht des Rechtsanwaltes arbeitet. Sorgfalt bedeutet, dass das Praktikum sorgfältig und gewissenhaft durchgeführt wird. Vertraulichkeit bedeutet ein korrektes Verhalten, das darauf abzielt, über alle Nachrichten und Informationen, die während des Praktikums erworben werden, vollstes Stillschweigen zu bewahren.

    Rechte des Praktikanten

    Das Berufsgesetz (Nr. 247/2012) räumt dem Praktikanten unter Artikel 41 Absatz 11 das Recht auf Spesenrückerstattung bei Vorschusszahlungen im Namen der Kanzlei ein. Nach den ersten sechs Monaten des Praktikums kann dem Praktikanten eine Vergütung oder eine vertragliche Entschädigung für die geleistete Tätigkeit gewährt werden, „die dem tatsächlichen beruflichen Beitrag entspricht„. Unter Artikel 40 des Verhaltenskodex ist weiters vorgesehen, dass der Rechtsanwalt die Wirksamkeit und Nutzen der anwaltlichen Tätigkeit des Praktikanten sicherstellen muss, um ihm eine angemessene Ausbildung zu ermöglichen, auch indem er ihm ein geeignetes Arbeitsumfeld zur Verfügung stellt, und dass er ihm „unbeschadet der Verpflichtung zur Spesenrückerstattung nach den ersten sechs Monaten der Tätigkeit eine angemessene Vergütung unter Berücksichtigung der Inanspruchnahme der Dienste und Einrichtungen der Kanzlei zuerkennen“ muss.

    Pflichten des Dominus

    Ein Rechtsanwalt, der so genannte Dominus, muss, um sich der Mitarbeit eines Praktikanten bedienen zu können, mindestens fünf Jahre lang in der entsprechenden Anwaltskammer eingetragen sein, seine Ausbildungspflichten erfüllt haben und darf nicht für mehr als drei Praktikanten gleichzeitig die Funktion als Dominus einnehmen. Wenn davon auszugehen ist, dass die Arbeitsbelastung des eigenen Dominus es nicht erlaubt, dem einzelnen Praktikanten eine ausreichende Ausbildung zu bieten, kann letzterer auf Antrag und mit Genehmigung des Ausschusses selbst, das Praktikum bei zwei Rechtsanwälten gleichzeitig absolvieren. Gemäß Art. 41 Absatz 11 des Gesetzes Nr. 247/2012 berechtigt das Berufspraktikum den Praktikanten nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses, auch nicht eines Gelegenheitsverhältnisses.

    Anwaltsschule – Weiterbildungspflicht

    Parallel zum Praktikum muss der Praktikant gemäß Art. 3 des Ministerialdekrets Nr. 70/2016 und Art. 43 des Gesetzes Nr. 247/2012 während eines Zeitraums von mindestens achtzehn Monaten obligatorisch und erfolgreich an Ausbildungskursen teilnehmen, die vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, der er angehört, sowie von anderen gesetzlich vorgesehenen Einrichtungen organisiert werden (Ministerialdekret Nr. 17 vom 16. März 2018). Die Ausbildung wird für unseren Gerichtsstand der Anwaltsschule anvertraut, auf deren Abschnitt wir verweisen.

    Gemäß Artikel 6 der Verordnung des Nationalen Anwaltsrates Nr. 6 vom 16.07.2014 ist der Praktikant, wenn er für die Prozessvertretung zugelassen ist, ebenso wie die Rechtsanwälte verpflichtet, seine berufliche Kompetenz durch die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen aufrechtzuerhalten, die gemäß der genannten Verordnung akkreditiert sind, und zwar im Interesse des Mandanten und der vertretenen Partei, der Justizverwaltung und der Gemeinschaft (siehe entsprechenden Abschnitt).


    Letzte Änderung

    18 Juli 2023, 17:17